Zu alt im Job - damit ist Schluss

Die deutsche Wirtschaft muss umdenken. Ohne Mitarbeiter ab 45 Jahren wird bald kein Unternehmen mehr auskommen

Respect - ein Forschungsprojekt der Universität Karlsruhe (TH)

Die Unternehmen in Deutschland stehen vor einer dramatischen Veränderung der Altersstruktur ihrer Belegschaften. Bis 2008 wird ein regelrechter "Altersberg" entstehen; dann ist jeder dritte Mitarbeiter in den Betrieben älter als 50 Jahre. Das ist eines der Ergebnisse der europäischen Studie "Respect", an der auch die Universität Karlsruhe beteiligt war.

Die demographische Entwicklung wird die Betriebe zwingen, an Stelle des derzeit herrschenden Jugendwahns ältere Mitarbeiter stärker zu fördern. Die Frühverrentungsprogramme müssen in absehbarer Zeit auslaufen und auch die Altersteilzeitregelung steht zur Debatte: Mit lediglich 37,8 Prozent Erwerbsquote von 55- bis 65-Jährigen liegt Deutschland weit hinter den USA, Japan oder Großbritannien zurück.

Ziel der Studie war es, die Einstellungspolitik der Unternehmen zu verändern: Sie sollen wieder Leute ab 45 Jahren einstellen. Wir müssen weg vom Defizit-Modell, wonach wer älter wird, immer weniger leistet. Diese Mitarbeiter haben eine größere soziale Kompetenz, sind kommunikativer und verfügen über einen großen Erfahrungsvorsprung.

Das haben manche Unternehmen auch schon begriffen. Zum Beispiel die Lufthansa-Technik, mit 6000 Mitarbeitern der zweitgrößte industrielle Arbeitgeber in Hamburg. "Wir sind sehr interessiert daran, erfahrene Mitarbeiter zu beschäftigen", sagt Personalleiterin Christiane Stege-Slowak. Dem Unternehmen ist schon wegen des hohen Aufwands für die Aus- und Weiterbildung daran gelegen, auch ältere Menschen im Betrieb zu halten: Für manche Arbeiten am Flugzeug sind Mechaniker und Prüfer erst nach acht Jahren Schulung und Praxis zugelassen.

Doch auch als Neueinsteiger sind auf der Hamburger Luftwerft nicht nur Junge willkommen: "Es ist nicht mehr selten, dass 42- oder 45-Jährige neu eingestellt werden."

Der Grund dafür ist der Fachkräftemangel: "Es gibt nicht genügend junge Menschen mit der von uns geforderten Qualifikation, und dieser Mangel wird sich eher noch verschärfen", so Stege-Slowak.

Eingestellt werden Facharbeiter aus anderen Luftfahrttechnischen Firmen, aber auch aus der Kfz-Branche. "Zwar fehlt es gerade bei älteren Menschen aus den neuen Ländern an den englischen Sprachkenntnissen, aber dafür gibt es ein Nachschulungsprogramm."

Auch bei den Dienstleistern steht die Trendwende bevor. "In Dienstleistungsunternehmen brauchen sie einen guten Mix aus jungen und erfahrenen Mitarbeitern", sagt Wolfgang Otte, Sprecher beim Hamburger Versicherungskonzern Volksfürsorge. Es gebe auch keinen Grund, Menschen über 55 nicht zu beschäftigen: "Die Aufgaben im Innendienst einer Versicherung können auch von älteren Mitarbeitern gut bewältigt werden."

Mit einem Altersdurchschnitt von 44 Jahren im Innendienst liegt die Volksfürsorge über dem Schnitt für alle Beschäftigten in Deutschland von etwa 40 Jahren. Nach Erkenntnissen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung beschäftigen fast 60 Prozent aller Unternehmen keine Mitarbeiter, die älter als 50 Jahre sind.

Und hier eine Zusammenfassung Respect.pdf

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