Qualifizierung älterer Mitarbeiter zahlt sich aus

Sinn und Ziel von Qualifizierung ist es, Qualifikationen nicht nur zu erhalten, sondern dem Bedarf des Unternehmens entsprechend weiterzuentwickeln.

  • Ohne eine bedarfsorientierte Weiterentwicklung von Qualifikationen – durch Qualifizierung oder lernförderliche Tätigkeiten – besteht die Gefahr, dass sie veralten und irgendwann nicht mehr zu den Anforderungen der Arbeitsaufgaben passen. Die Anforderungen jedoch verändern sich im Zuge wirtschaftlicherund technischer Entwicklungen immer schneller. So kann es im Verlauf des Berufslebens dazu kommen, dass ursprünglich vorhandene Qualifikationen verkümmern, wenn sie nicht abgefordert und nicht entwickelt werden. ‚Dequalifizierung‘ und ‚lernungewohnt‘ sind Begriffe, die man in der Regel mit den älteren Mitarbeitern in Verbindung bringt. Eine kontinuierliche bedarfsorientierte Qualifizierung im Sinne des ‚lebenslangen Lernens‘, trägt dazu bei, dass Mitarbeiter, auch wenn sie schließlich älter geworden sind, weitgehend ihre Lernfähigkeit und -bereitschaft behalten und über anforderungsgerechte Qualifikationen verfügen.

Auch ältere Mitarbeiter sind lernfähig und lernbereit. Sie müssen, ggf. in anderer Weise motiviert, für Weiterbildung gewonnen werden. Aus einem Beispiel geht anschaulich hervor, dass diese Motivierung nicht mit dem Argument des Alters gelang, ein Hinweis darauf, dass der Umgang mit dem Thema ‚Alter‘ Fingerspitzengefühl erfordert. Qualifizierung und lernförderliche Tätigkeiten sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Potenziale der älteren Mitarbeiter zum Vorteil des Unternehmens – aber auch im Interesse der älterenMitarbeiter selber – aktiviert und nutzbar gemacht werden.

Die folgenden Beispiele machen auf einige Facetten bei der Qualifizierung älterer Mitarbeiter aufmerksam, wobei im Rahmen dieses Beitrages darauf verzichtet wird, den präventiven Aspekt des ‚lebenslangen Lernens‘, lernförderliche Tätigkeiten, Lerninhalte insgesamt oder Rahmenbedingungen des Lernens im Alter aufzugreifen.

Das Beispiel Carl Zeiss Jena GmbH

Das Unternehmen wurde schon vorgestellt als ein Beispiel dafür, wie Unternehmen Handlungsbedarf erkennen (müssen) und bei der Suche nach Fachkräften gezielt auf ältere Arbeitnehmer zurückgreifen. Das Beispiel macht darüber hinaus in eindrucksvoller Weise deutlich, dass Ältere lernfähig und lernbereit sind. Mit den entsprechenden Qualifikationen ausgestattet, sind sie in der Lage, die Aufgaben zu erfüllen, für die man ursprünglich jüngere Fachkräfte vorgesehen hatte. Eine Qualifizierung war wegen des Einsatzes moderner Technologien und moderner Produktionsverfahren notwendig geworden. Gemeinsam mit dem Arbeitsamt und einer Bildungseinrichtung wurden die Qualifizierungsaktivitäten den Erfordernissen des Unternehmensentsprechend geplant und in 8 Monaten durchgeführt. Im Jahre 2000 wurden 50 Feinoptiker eingestellt, im Jahre 2001 kamen 250 Mitarbeiter hinzu und damit noch einmal 80 Feinoptiker. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter liegt bei 44,5 Jahren, in manchen Bereichen des Unternehmens bei 50.

Beispiel Deutsche Bank AG, Frankfurt

Aktueller Qualifizierungsbedarf für ältere Mitarbeiter ergab sich daraus, dass die innerbetriebliche Kommunikation seit einiger Zeit über E-Mail und Intranet abgewickelt wurde, viele ältere Mitarbeiter diese aber nicht nutzten, sondern weiter in herkömmlicher Weise Notizen handschriftlich verfassten oder Schreibbüros mit dem Schreiben beauftragten. Im Interesse einer effektivenund schnellen Kommunikation war es jedoch notwendig, dass alle Mitarbeiter technisch auf demselben Kenntnisstand waren und elektronisch kommunizierten. Das Personalmanagement stand vor der Aufgabe, die älteren Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Die Mitarbeiter wiesen einen möglichen Qualifizierungsbedarf zunächst weit von sich. Im Gegenteil waren sie der Meinung, gerade aufgrund ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit und ihres Alters hätten sie keine Qualifizierung nötig. Was war also zu tun, wenn die Notwendigkeit für die Qualifizierung weder mit dem Alter noch mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit begründet werden konnte? Es musste ein anderer Weg gefunden werden. Die Mitarbeiter wurden in Workshops an der Ermittlung ihres Qualifizierungsbedarfs beteiligt. Sie erhielten Informationen über die im Unternehmen verwendeten neuen technischen Medien. Auf einer betriebsinternen ‚elektronischen Messe‘, einem Tag der offenen Tür, konnten sie sich praxisnah über die Einsatzmöglichkeiten und Vorteile von E-Mail und Intranet für den Betriebsablauf informieren und erkannten auf diese Weise die Notwendigkeit,sich weiterzubilden.

Ein Beispiel aus der Möbelindustrie

Die Einführung von Gruppenarbeit machte für die Mitarbeiter der Gruppe mit jüngeren und älteren Mitarbeitern eine Qualifizierung zur Vermittlung fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen notwendig. Die fachliche Qualifizierung erfolgte u.a. durch Job-Rotation für die Mitarbeiter der Gruppe. Das Fachwissen der älteren Mitarbeiter konnte hier für die Qualifizierung der jüngeren Kollegen in der Gruppe genutzt werden. Die Einführung von Gruppenarbeit erforderte auch den Umgang mit neuen technischen Arbeitsmitteln. Hier war ebenfalls eine Qualifizierung notwendig, um die methodische Kompetenz der Gruppe sicherzustellen. Dabei musste jedoch zweierlei berücksichtigt werden: das technische Ausgangswissen der älteren Mitarbeiter sowie ihre Ängste und Vorbehalte gegenüber den neuen technischen Arbeitsmitteln. Daher wurde der methodischen Qualifizierung ein Einführungskurs gezielt für die älteren Mitarbeiter vorgeschaltet. So gelang es, ihre Ängste und Unsicherheiten zu beseitigen und ihr technisches Wissen auf den Stand der jüngeren Kollegen zu bringen. Dieses Vorgehen sichert die erfolgreiche Teilnahme der Älteren an dem für alle Teilnehmer gemeinsam durchgeführten PC-Kurs. Auf das langsamere Lerntempo der älteren Teilnehmer wurde Rücksicht genommen.

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Sibylle Adenauer
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